Fraktographische Untersuchung der Bildung von Schwingstreifen bei unterschiedlichen Gefügezuständen und Belastungsbedingungen
Fractographic Analysis of Fatigue Striations Formation under different Microstructures and Loading Conditions
Weit unterhalb der Streckfestigkeit des Werkstoffs kann es durch Schwingbruch zum Bauteilversagen kommen. Unter Schwingbeanspruchung wird der Werkstoff in der Nähe der Spitze eines sich ausbreitenden Risses wiederholt plastisch verformt. Dabei entstehen allgemein als Schwingstreifen bekannte mikroskopische Spuren. Das Zählen und Vermessen von Schwingstreifen ist ein Verfahren zum Schätzen der Anzahl von Belastungszyklen, denen ein Bauteil bis zum Bruch ausgesetzt war. Einige Studien legen hier eine 1 : 1-Beziehung zwischen der Anzahl von Schwingstreifen und der Anzahl von Lastspielen nahe. Dies erscheint angesichts der zahlreichen, die Bildung solcher Streifen beeinflussenden Faktoren allerdings fraglich. Hauptziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der Auswirkungen des Gefüges und der mechanischen Festigkeit auf die Bildung von Schwingstreifen in Baustählen, um Zusammenhänge zwischen diesen Werkstoffeigenschaften und dem Schwingbruchverhalten verstehen zu können. Dafür wurden an Standard-Charpy-V-Proben Härte- sowie Schwing- und Schlagprüfungen durchgeführt. Zur Gefügecharakterisierung wurden die Proben metallographisch untersucht. Die Bruchfläche wurde zur Analyse fraktographisch licht- und rasterelektronenmikroskopisch untersucht. Die vorliegende Untersuchung zeigt dabei auf, dass Stähle mit einer höheren Duktilität näher an eine solche 1 : 1-Beziehung herankommen als solche mit einer höheren Zugfestigkeit. Oberhalb einer bestimmten Zugfestigkeit bilden sich selten oder gar keine Schwingstreifen.
L. Duarte, A.C. Andrade, and D. Bettge
Practical Metallography 2020 57:12, 869-886
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ISSN 0032-678X