Auslagerungsversuche an Alloy 617 zur Simulation der Werkstoffversprödung im Betrieb
Ageing Tests of Alloy 617 to Simulate Service Embrittlement
Alloy 617 ist eine mischkristallverfestigte Nickelbasis-Knet-Legierung. Sie findet häufig Anwendung in Chemieanlagen, wenn höchste Korrosionsbeständigkeit erforderlich ist, in der Verrohrung in hochmodernen Wärmekraftwerken, wo Kriechfestigkeit ein wichtiger Faktor bei Rohrleitungen und Dampfturbinenscheiben ist, sowie in sich betriebsbedingt erwärmenden Gehäusen von Gasturbinen, sowohl bei Großgasturbinen als auch bei Turbinen in industriellem Maßstab. Aus früheren Studien ist bekannt, dass der relativ hohe Gehalt an Chrom und Kohlenstoff bei dieser Legierung Chromcarbidausscheidungen in genau bestimmbaren Temperaturbereichen hervorruft. Dies betrifft sowohl die Ausscheidung von Primärcarbiden bei der Erstarrung, die reich an Chrom sowie Molybdän sein können und hauptsächlich dem Typ MC und M6C entsprechen, als auch die Ausscheidung von sekundären Chromcarbiden des Typs Cr23C6, die bevorzugt an Korngrenzen, Zwillingsgrenzen und Gleitebenen auftreten. Diese Ausscheidungen können zur Versprödung der Legierung führen, was sich in einem deutlichen Abfall der Duktilität und Zähigkeit äußern kann. Bei Langzeit-Hochtemperaturanwendungen kann dies zu einem Versagensmechanismus, sogenannten Relaxationsrissen führen, die auftreten können, wenn hohe Eigenspannungen oder betriebsbedingt hervorgerufene Spannungen nicht durch plastische Verformung abgebaut werden können, da eine gleichzeitige Ausscheidung von Sekundärcarbiden erfolgt. Es wird berichtet, dass dieser Versprödungsmechanismus bereits nach nur 500 Betriebsstunden auftreten kann, falls betroffene Komponenten innerhalb des Temperaturbereichs von etwa 750 – 875 °C, in dem es zur Ausscheidung von Carbiden kommt, eingesetzt werden. Durch jüngere Entwicklungen in der Fertigungsabteilung im Werk der Autoren kamen dahingehend Bedenken auf, dass die Anlagen, die zur Wärmebehandlung solcher Komponenten eingesetzt werden, nicht nur von Versprödung, sondern auch von einem Abfall der Festigkeitswerte betroffen sind, und zwar nach Langzeitbetrieb in Industrieöfen bei Wärmebehandlungstemperaturen in der Größenordnung von 850 °C. Da dies nicht der Erwartung entspricht, wurde eine Langzeitstudie durchgeführt, um die Anfälligkeit dieser Legierung für einen Abfall der Festigkeit nach dem Betrieb zu untersuchen. Für diese Studie wurde mit Glühzeiten zwischen 500 und 3000 h gearbeitet, bei der entscheidenden Temperatur von 850 °C. Die Resultate legen nahe, dass der Beginn der Versprödung durch Sekundärcarbidausscheidungen wie erwartet bereits nach 500 Betriebsstunden auftritt, wie auch in der Literatur beschrieben. Dies lässt sich anhand eines deutlichen Abfalls der Duktilität im Zugversuch sowie der Kerbschlagzähigkeit im Kerbschlagbiegeversuch (CVN, Charpy V-notch) belegen und bei mikrofraktografischer Untersuchung durch einen Anstieg des Anteils der interkristallinen Spaltbrüche erkennen. Wie erwartet, konnte auch kein Abfall der Festigkeit festgestellt werden. Vielmehr geht ein deutlicher Abfall der Duktilität und Zähigkeit mit einem deutlichen Anstieg der Zugfestigkeit (UTS, ultimate tensile strength) und der Streckgrenze (YS, yield strength) einher.
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ISSN 0032-678X